HURRA, ER LEBT NOCH ! WER ? – UNSER HAUSHALT!

HURRA, ER LEBT NOCH ! WER ? – UNSER HAUSHALT!

Als am 12. Mai 1949 die Sowjets die Blockade von Berlin aufhoben, „antworteten“ die Berliner auf hunderten von Plakaten mit der Aufschrift:

»HURRA, WIR LEBEN NOCH!«

Unser Jahr 2020: Krieg, Flüchtlingselend, Hungersnot, Radikalismus, Terrorismus, Nationalismus, Klimawandel, „Trumpede“, Pandemie, das ist nur ein Fragment der Jahresbilanz von 2020! Die Welt steht am Abgrund! Die Staatsverschuldung treibt einem nie gekannten Höhepunkt zu. Der nächste Bankenzusammenbruch geistert bereits durch die Schlagzeilen der Weltpresse.

Was haben wir gelernt?

  • Viele unserer Mitbürger*innen beherrschen nicht einmal das Tragen einer Schutzmaske.
  • Einigen unserer Mitbürger*innen fehlt jeder Respekt vor ihrer Stadtverwaltung, die den Anforderungen einer Pandemie, wie wir sie nie erlebt haben, trotzte und den Betrieb unserer Stadt am Laufen hält. Stattdessen aber wollen sie mit geschärftem Blick jede Überschreitung in 30er-Zonen, jede Schlangenbildung in der Outletcity dem OB möglichst persönlich anlasten, ohne zu bemerken, wie wenig sie selbst zum Aufrechterhalten der allgemeinen Ordnung beitragen.
  • Mit Stänkern allein gewinnt man keinen PREIS, höchstens einen Kaktus!

Generaldebatte zum Nachtragshaushalt 20/21

Liebe Kollegen und Kolleginnen, liebe Mitbürger*innen, entschuldigen Sie meine düstere Eröffnung der Generaldebatte zum Nachtragshaushalt 20/21. Ich fahre mit positiven und gemischten Meldungen fort.

Unsere Stadt ist solvent – noch immer! Wir sind haushalterisch kein Risikopatient. Nur ist uns der Nährboden für weitere Forderungen und Wünsche derzeit ausgetrocknet. Mit dieser aktuellen Realität müssen wir uns abfinden und den Haushaltsentwurf 2020/21 in Kraft setzen.

Noch sind wir in der glücklichen Lage, unsere bereits begonnenen Großprojekte wie Neue Feuerwache / Baubetriebshof / Kinderhaus Ermsstraße / Neubau und Sanierung Gymnasium / vielfältige Klimaschutzmaßnahmen sowie verbesserte Mobilitätsinfrastruktur und Barrierefreiheit bei Bahnhof, ÖPNV und Radverkehr weiter zu verwirklichen. Das aufwendige Zahlenwerk dazu hat die Stadtverwaltung ja bereits mehrfach sehr ausführlich präsentiert, weswegen ich hier auf eine Wiederholung verzichte.

Ausgleichs- und Kompensationszahlungen aus dem Kommunalen Stabilitäts- und Zukunftspakt von Land und Bund, Steuernachzahlungen, erhöhte Zuschüsse, günstigere Angebote, sorgfältige und verantwortungsvolle Haushaltsführung in den vergangenen Jahren sowie die rechtzeitige Erhöhung der Hebesätze von Grundsteuer B und Gewerbesteuer im Jahr 2015 sowie aktuelle Minderung der Kreisumlage begünstigen diese Situation.

„Spare in der Zeit, so hast Du in der Not!“ Wieder einmal bewahrheitet sich dieses Sprichwort. Mindestens in unserer Stadt, die mit einer Rücklage von 47 Mio. Euro die Krisenbewältigung angehen kann. Ein Kompliment an die Steuer zahlenden Bürger*innen, an die Stadtverwaltung und an das besonnene Gremium, das hier um mich herum sitzt. So blicken wir heute auf ein Mehreinnahmeplus von 8,4 Mio. statt einem befürchteten Minus von 8,1 Mio. Euro.

War das Jahr 2019 noch geprägt von dem Ringen um die Lösung der Bäderfrage mit der Entscheidung für ein Kombibad auf dem Bongertwasen, so fragen uns die Bürger immer häufiger: Was wird jetzt daraus? Fällt alles dem „SARS-CoV-2“ zum Opfer? Behalten wir jetzt doch unsere alten Bäder? Die Antwort lautet: Nach der Standortentscheidung wurden ebenfalls wieder gemeinsam mit Bürger*innen Ausschreibungsunterlagen erarbeitet und Planungsaufträge, die bereits finanziert sind. Es gibt also  keinen Anlass in Hektik auszubrechen. Erst einmal müssen solche Aufträge abgearbeitet werden. So wird derzeit das Energiekonzept erarbeitet, das im 1. Quartal 2021 fertiggestellt werden soll. Dabei wird untersucht, wie das Kombibad CO2-neutral betrieben werden oder gar ein Null-Energiebad realisiert werden könnte, was es bisher noch nirgends gibt. Anschließend wird das Energiekonzept in die Ausschreibung integriert werden. Der Grundstücktausch mit der Evangelischen Kirchengemeinde bezüglich des Ferientagheims wurde erfolgreich verhandelt und bringt beiden Seiten erhebliche Vorteile. Im Oktober wurde ein umfangreicher Antrag auf Fördermittel aus dem neu aufgelegten und aufgestockten Bundesprogramm Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur gestellt. Das Projekt ist also wegen der Pandemie keinesfalls eingeschlafen oder dämmert so vor sich hin. Quicklebendig wird es allerdings erst dann, wenn die ersten Baumaschinen anrücken. Gleichwohl haben sich Verwaltung und Gemeinderat ein Programm von möglichen Exit-Plänen erarbeitet, da derzeit keiner voraussagen kann, in welche Bredouille uns die Pandemie noch bringen könnte.

Doch derzeit gilt: Die Stadt ist handlungsfähig, sowohl personell als auch finanziell. Wir können in der Krise investieren und damit unserer Aufgabe als kommunaler Konjunkturmotor gerecht werden, da wir Förderprogramme, die stets auch Komplementärfinanzierung verlangen, nutzen können. Die heimische Wirtschaft profitiert davon. So profitiert derzeit die Bauwirtschaft von umfänglichen Klimaschutzmaßnahmen der Stadt, die allein im laufenden Jahr über 1 Mio. Euro in diesen Bereich investiert, für 2021 sind weitere 1,9 Mio. und 2022 dann 1,6 Mio. Euro im Haushalt eingeplant. Klimaschutz ist für die Stadt ein Dauerbrenner und damit ein permanentes Betätigungsfeld. Nachhaltigkeit wird nicht erreicht, indem man einmal an einem Schalter knipst. Sie ist Bestandteil eines umfänglichen Programms. Dazu gehört die energetische Ertüchtigung aller städtischen Immobilien, die schrittweise Umstellung auf LED-Beleuchtung, wo immer es sinnvoll ist, der umfangreiche Ausbau des Nahwärmenetzes, wie zum Beispiel in Glems oder wie vorgesehen für die neue Feuerwache und den Baubetriebshof sowie beim Projekt Ortskernsanierung Neuhausen III. Nutzung von BHKWs, von Geothermie, von Abwasserwärme und Photovoltaik. Überall ist die Stadt engagiert.

Das kommunale Aufgabenfeld wird bei näherer Betrachtung unendlich weit von der Stadt „beackert“. So investieren wir zudem ins Straßen- und Radwegenetz. In Barrierefreiheit beim ÖPNV und bei unserem Bahnhof. In Messmodule fürs Verkehrswesen. In den Ausbau der E-Mobilität. In die Erschließung der Gewerbegebiete von BRAIKE-WANGEN und IM WASSER. In die Digitalisierung von Schulen und ihre Raumausstattung. In den Hochwasserschutz.

Auf eine Lösung warten schon lange das Projekt Schlachthof sowie die Schulstandortfrage für Glems und die Sanierung der Uhlandschule in Neuhausen.

Durch die Einrichtung einer Zweigstelle der Freien Evangelischen Schule Reutlingen würde Glems als Schulstandort erhalten bleiben können. Wir begleiten dieses Projekt gerne und mit positiver Grundeinstellung. Wir konnten uns nur nicht mit den Überlegungen anfreunden, den Schulstandort Glems als Außenstellen-Winzling der Uhlandschule fortzuführen. Die sich nun abzeichnende neue Lösung allerdings begrüßen wir. Der lang fälligen Sanierung der Uhlandschule möchten wir im gegenwärtigen Nachtragshaushalt durch die Beantragung einer Planungsrate von 20.000 Euro Schubkraft verleihen.

Wir unterstützen die Einstellung der von Herrn Berger beantragten Planungsrate von 50.000 Euro für notwendige Baumaßnahmen für Schaffung von Barrierefreiheit des ÖPNV im Bereich des Bahnhofs und der Tunnelquerung im Zusammenhang mit der Ertüchtigung von Gleis 4.

Wir befürworten und unterstützen das Projekt Radweg Rechbergstraße. Jedoch, nur unter der Voraussetzung, dass die angekündigten Fördergelder auch fließen, werden wir uns je nach Förderhöhe für eine kleinere oder für eine größere Ausbaulösung entscheiden.

Wir bitten zu prüfen, ob das bereits 2017 als Baugebiet überplante Areal an der Neugreuthstraße zwischen Schule und KBF-Kindergarten mit seinem 9000 m2 großen Baufeld über ein Konzeptvergabeverfahren entwickelt werden kann. Die „Initiativgruppe zusammen.wohnen“ hat ihr Interesse daran angemeldet. Das Konzept ist interessant und sozial sehr verträglich. Die dazu notwendige Ausschreibung würde unsere Datenlage über die sich dort ergebenden Möglichkeiten bereichern und einer Entscheidung dienlich sein.

Alle übrigen im Nachtragshaushalt vorgesehenen Maßnahmen finden unseren Beifall. Verzichten wollen wir in diesem Jahr auf weitere eigene Anträge und Programmsätze. Die Verwaltung wollen wir nicht mit weiteren Untersuchungsaufträgen und Planungen überlasten. Nun gilt es, die vorhandenen Pläne umzusetzen und nicht wie alljährlich die Arbeitskraft der Verwaltung zu überfordern, was uns nur eben mal wieder den Jahr für Jahr angehäuften Berg von Haushaltsresten bescheren würde. Einen Unsinn, den wir oft schon kultiviert haben. Zeigen wir uns also lernfähig und muten in Zukunft der Verwaltung ein Arbeitspensum zu, das im jeweiligen Haushaltsjahr auch leistbar ist. Wünsche und Träume haben auch wir. Doch wir benötigen keine Machbarkeitsstudie, um ihre Grenzen anzuerkennen.

Die Grenzen des Wachstums – ein ewig altes, ewig junges Thema!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie jetzt denken, ich hätte sie diesmal vergessen, ich spreche nicht von Ihnen, sondern von der F-W-V, der Feld-Wege-Verbesserung, so irren Sie sich. Unsere Feldwege, auch genutzt als Spazier- und Radwege, sind teilweise in desolatem Zustand. Die Dürre im Sommer, die immer schwereren und größeren Traktoren und Maschinen haben große Schäden verursacht, so werden wir bei der Einbringung des nächsten Doppelhaushalts wieder mit Anträgen tätig werden müssen. In diesem Jahr wollen wir auch den anderen Fraktionen einmal die Chance bieten, sich in Sachen Feldwegen zu profilieren.

Ein weiteres Thema treibt uns noch um. Bei der Haushaltsdebatte 18/19 stellten wir den Antrag auf Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die Verbesserung der Technik in unserer Stadthalle. Niemals hätten wir aber einen solch immensen finanziellen Aufwand erwartet, wie er laut Darstellung der Verwaltung für die Maßnahme notwendig zu sein scheint. Wir sprechen von dem Finanzposten von 230.000 Euro allein für eine neue Tonanlage. Wir bitten hier um genauere Informationen und um die Vorstellung einer möglicherweise abgespeckten Ausführungsvariante. Wir sehen es als durchaus notwendig an, dass unsere Stadthalle über eine leistungsfähige Übertragungsanlage verfügt; aktuell können wir allerdings einer solch teuren Maßnahme nicht zustimmen.

Bedanken wollen wir uns bei den Neuhäuser Anrainern des Glemsbaches, die sich in Sachen Hochwasserschutz mustergültig mit großem finanziellen Aufwand engagieren und engagiert haben. Insgesamt gilt unser großer Dank allen, die wieder mit vollem Einsatz dieses Haushaltswerk erarbeitet haben. Bleibt gesund und genießt die Feiertage, die dieses Jahr wohl eher in ruhigeren Bahnen verlaufen werden.